"Mein Deutschland - Wofür ich stehe" heißt das Buch, das der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier in dieser Woche vorstellt. Eine ideale Lektüre, für alle, die den Mann kennenlernen wollen, der bei seinem Auftritt in Theuern im Juli 2007 für Furore sorgte. Die "Amberger Zeitung" berichtet über das Buch:
Bedeutende Kanzler haben immer ein bestimmendes Thema, heißt es an einer Stelle des Buchs. Konrad Adenauer, Willy Brandt und Helmut Schmidt sind für Frank-Walter Steinmeier bedeutend - Angela Merkel nicht. Die amtierende Regierungschefin, die er im September ablösen will, taucht in Steinmeiers am Donnerstag veröffentlichten Buch namentlich nicht auf. Doch zwischen vielen Zeilen fällt die Abrechnung mit der Weggefährtin am Kabinettstisch umso deutlicher aus.
Inhaltliche Leere und Konzeptionslosigkeit zeichne die Unionsspitze in der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise aus, lautet Steinmeiers Befund. Statt Führung zu zeigen - nur die alten Rezepte und Rituale, mit denen schon Helmut Kohl das Land in die "Sackgasse" geführt habe: "Hier ein Geschenk für die bayerischen Bauern, dort eine Gabe für den eigenen Wahlkreis." Auch sonst falle der Konkurrenz nichts anderes ein als "vage, aber schlichtweg illusorische und unseriöse Versprechungen von Steuersenkungen".
Mit dieser "Klientelpolitik" müsse endgültig Schluss sein - und auch mit einer Politik, die allein auf schöne Bilder setze und "folgenlose Gipfeltreffen" in Serie produziere, formuliert der Vizekanzler spitz in Richtung Merkel. Die politischen Akteure könnten die Bevölkerung nicht auf neue Opfer vorbereiten wollen, selbst aber weiter wie bisher agieren.
Auf vielen der insgesamt 239 Seiten geht Steinmeier daran, seinen Gegenentwurf zu formulieren. Auch in der CDU-Zentrale dürfte der patriotisch angehauchte Titel "Mein Deutschland - Wofür ich stehe" aufmerksam gelesen werden. Er soll die Vorlage für die anlaufende SPD-Kampagne für den Spitzenmann liefern. Furcht vor der Zukunft nützt bei Wahlen meist den Konservativen, wissen SPD-Strategen. Dem will Steinmeier deshalb viel Optimismus entgegensetzen. "Keine Angst vor dem Neuen", "Mut und Hoffnung" oder "Die Gesellschaft wieder für Modernisierung begeistern" lauten einige Kernüberschriften. Und offensiv müsse man sich wieder zum Wort Fortschritt bekennen, das seit Brandts Zeiten in der SPD aus der Mode gekommen sei.
Mit weiteren Anleihen beim SPD-Übervater will der Kandidat die Sozialdemokraten wieder auf die Erfolgsspur zurückführen. Das Aufstiegsversprechen, das Brandt in den 70er Jahren Arbeiterkindern gegeben habe, müsse unter den jetzigen Bedingungen erneuert werden. Das gelte auch für die Brandt'sche Entspannungspolitik. Mehr als "gemeinsames Pflichtenheft" - nicht als Biografie - will Steinmeier sein Buch verstanden wissen. Seit er Kanzlerkandidat sei, wollten die Menschen nun wissen: "Woher kommt er? Was hat ihn geprägt? Was treibt ihn an?" Deshalb habe er dazu etwas aufgeschrieben. Im persönlichen Teil erzählt der Sohn eines Tischlers und einer Heimatvertriebenen aus Breslau das eine oder andere auch bislang weniger Bekannte.
Viel Platz nimmt die Liebeserklärung an sein lippisches Heimatdorf Brakelsiek ein, von wo er gesunden Menschenverstand, Gelassenheit und tiefe Abneigung gegen jede Aufschneiderei mitgenommen habe. Zu den 15 Jahren mit Gerhard Schröder als Vorgesetztem in Hannover, Bonn und Berlin bleibt Steinmeier einsilbig. "Wir wussten, wie unterschiedlich wir sind, und respektierten das. Vielleicht trug diese Unterschiedlichkeit ja dazu bei, dass wir gemeinsam stark waren", vermerkt er.
Viel Groll klingt noch durch, wenn er sich an die mangelnde Effizienz im Kanzleramt in den Anfangsjahren von Rot-Grün erinnert: "Es war mehr Dschungelkampf als Parademarsch." Kaum Zweifel lässt er daran, wem er die Hauptschuld dafür gibt: Bodo Hombach, den Schröder ihm als Kanzleramtsminister vor die Nase setzte.
Frank-Walter Steinmeier: "Mein Deutschland - Wofür ich stehe", C. Bertelsmann Verlag, 239 Seiten, 19,95 Euro